#140124 Klimaproteste gegen Räumung des Weilers Lützerath
Es ist eine bedrohliche Kulisse, die sich vor den Augen der Öffentlichkeit aufbaut. Auf den Feldern rund um den Weiler Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler im Westen Deutschlands entbrennt eine heftige Auseinandersetzung zwischen Klimaaktivisten und der Polizei. Zehntausende von Aktivisten sind am 14. Januar 2023 ins rheinische Braunkohlerevier gekommen, eine Allianz aus Klimabewegungen und Umweltschutzverbänden hatte zu der Großdemonstration aufgerufen. Die Räumung des Weilers Lützerath ist seit Tagen in vollem Gange.
Während Greta Thunberg auf einer temporären Bühne sprechen soll, spaltet sich ein Großteil der Demonstration von der vorgesehenen Route ab und stürmt über Felder in Richtung des ehemaligen Bauernhofes von Eckardt Heukamp und der Abbruchkante des Tagebaus.
Seit Tagen hatte es geregnet, die Äcker bestehen aus durchnässten Erdklumpen, Aktivisten und Polizisten bleiben bis zu den Knöcheln im Matsch stecken. Währenddessen versuchen die Besetzer auf dem Bauernhof die Räumung zu verlangsamen, ein Katz-und-Maus-Spiel an Seilen zwischen Baumhäusern, immer auf der Flucht vor den Hubwagen und Kletterspezialisten der Polizei. Und in einem unterirdischen Tunnel auf dem Gelände haben sich weitere Aktivisten verbarrikadiert, riskieren ihr Leben, um den Einsatz von schwerem Räumgerät zu verhindern. Bereits fünf Jahre zuvor war der Hambacher Forst auf ähnliche Weise geräumt worden, Lützerath wird an diesem Tag zum zweiten symbolträchtigen Ort der Auseinandersetzung um den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung im Westen Deutschlands.
Die Polizei versucht derweil mit mehreren tausend Beamten die Demonstrierenden auf den Feldern vor Lützerath abzudrängen. Schlagstöcke, Reiterstaffeln und später auch Wasserwerfer werden eingesetzt. Die Aktivisten antworten mit Schlammwürfen und Silvesterraketen, versuchen mit untergehakten Armen durch die Polizeiketten zu brechen, dabei gibt es Verletzte auf beiden Seiten. Die Klimabewegung, auch um die Aktivisten von Ende Gelände, die in den letzten Jahren durch massenhaften zivilen Ungehorsam bei der Besetzung von Braunkohletagebauen auf sich aufmerksam gemacht hatten, ist an einem Wendepunkt, die Stimmung schlägt um.
Auch Journalisten geraten immer wieder zwischen die beiden Fronten, werden von der Polizei umgerannt und von Aktivisten mit Feuerwerksraketen beschossen. Die Stimmung wird immer bedrohlicher, die knapp 3000 Polizisten werden immer weiter zurückgedrängt und auch viele Fotografen und Videojournalisten ziehen sich hinter die Polizeilinien zurück. Ein Polizeisprecher verlässt aus Sicherheitsgründen das Gelände, bietet Journalisten eine geschützte Mitnahme an. Erst am späten Nachmittag beruhigt sich die Lage einigermaßen, die Teilnehmer der Demonstration machen sich großenteils wieder auf den Rückweg, während die Sonne im Westen untergeht.
Am Ende wird es eine traurige Bilanz sein, die gezogen wird. Dutzende wenn nicht sogar hunderte Verletzte, Vorwürfe auf beiden Seiten, der Vorwurf von unverhältnismäßiger Gewalt. Auch wird die Frage der Notwendigkeit durch Forschungsinstitute gestellt werden. Der jahrhundertealte Bauernhof wird trotzdem abgerissen oder wie es in der Sprache des Energiekonzerns RWE heißt, „zurückgebaut“.